Spanking Oase

Sicher, wir werden alle älter, aber keiner gesteht es sich ein. Zum Glück gibt es ja genug dumme Sprüche, wie „man ist so alt, wie man sich fühlt“. Falsch. An den Jahresringen um den Augen lässt sich schon das Alter ablesen. In den Gelenken spürt man bereits die beginnende Versteinerung und die Haut passt an vielen stellen auch nicht mehr so richtig. Sie scheint immer größer zu werden, so das sie stellenweise doch schon zu hängen beginnt. Auch lässt sich der Bauch nicht mehr so gut einziehen, was besonders wichtig ist, wen einem junge Frauen begegnen. Früher haben Frauen mich angelächelt, wenn ich ihnen zugezwinkert habe. Heute reichen sie mir ein Taschentuch und fragen ob ich was im Auge habe. Ach, es ist schon ein kreuz mit dem älter werden.


Da gibt es für uns Männer aber zum Glück immer noch Möglichkeiten sich zu verjüngen. Eine füllt besonders ins Auge. Das sind Motorradfahrer. Die Lederkleidung kaschiert sehr gut das Alter, man kann durch besonders „jugendlichen“ Fahrstil auffallen und der heiße Ofen lenkt doch schon vom zerknitterten Gesicht ab. Und wenn die Vibrationen die Beine Hoch ins Geschröt kriechen, treibt es einem doch noch etwas jugendlichen Glanz in die Augen. Also musste auch für mich eine motorisierte Verjüngungskur her.


Im Internet hatte ich schon lange eine meiner Traummaschinen im Auge. Also anklicken und Kaufen. Gestern unternahm ich meine erste kleine Tour mit meinem neuen Schätzchen. Eine BMW R100 CS. Schon beim Anlassen kamen Alte, längst verschütt geglaubte Gefühle wieder in mir hoch. Es war wieder da, das alte Glücksgefühl. Und es stimmt. Man spürt keine Zipperlein mehr und scheint um Jahre jünger. Der Fahrtwind bläst mir den Kopf frei und alle bleiben weit hinter mir. Zum Ende der Tour wollte ich mir noch etwas ganz besonderes gönnen. Den Sonnenuntergang in der Elbmündung. Ich fuhr zum Alten Anleger der ehemaligen Fähre, Brunsbüttel – Cuxhafen. Dort stellte ich die Maschine ab und ging auf den Deich. Das Wetter war herrlich. Es blies zwar ein starker, kühler Wind aber die Sonne wärmte doch schon kräftig.


Auf einer Bank machte ich es mir bequem. Vor mir floss die Elbe und zu meiner rechten Hand konnte ich über die Elbmündung in die Nordsee sehen. Noch vor einem Jahr bin täglich eine Runde in der Elbe geschwommen. Das wurde mir von der Wasserschutzpolizei unter Androhung von Strafe verboten. Das fehlt mir aber auch mein Arzt hat deshalb ständig mit mir gemeckert. Der Himmel ist in drei Farben aufgeteilt. Über mir noch blau, geht er vor mir in ein Ockergelb über. Der Horizont endet in einem Rotviolett auf der Wasserlinie. Die Wolken schimmern wie pures Gold und die langsam im Meer versinkende Sonne hat eine Farbe wie aus Milch und Blut angenommen. Mir wird eigenartig warm und ich bekomme gleichzeitig eine Gänsehaut.


Eine Schar Wildgänse reist mich aus meinen Träumen. Sie fliegen zur Vogelinsel Trischen, um dort zu übernachten. Für mich wird es jetzt auch Zeit den Heimweg anzutreten. Meine Tochter ist bei meiner Frau und ich muss sie ablösen. Sie hat ja schließlich auch Familie. Es wird auch Zeit, das ich meine Frau fertig für die Nacht mache. Danach lasse ich den Tag mit einem Teepunsch ausklingen. Es gibt Tage, das braucht es nicht Viel um rundum zufrieden zu sein.

Auch wenn einige den Spruch, man ist so alt wie man sich fühlt mögen, bleibe ich dabei. Ich mag ihn nicht. Es ist meiner Meinung nach doch viel wichtiger, was man daraus macht. Man fühlt sich immer jünger als man tatsächlich ist. Der Kopf altert nun mal nicht. So kann es schon passieren, das man sich überschätzt. Das passiert aber auch den Jüngeren. Alter schützt nun mal nicht vor Übermut und Selbstüberschätzung. Nach meinem letzten Marathon Lauf musste ich 2 Monate lang ständig zum Arzt bis ich die Folgen überstanden hatte. Bei meinem letzten Taucheinsatz bin ich auch in eine gefährliche Situation geraten und habe mich dabei erheblich verletzt. Das habe ich aber wohl gebraucht um zu begreifen, das man nicht so alt ist wie man sich fühlt, sondern, das es auch ratsam ist mal in die Geburtsurkunde zu sehen.

In Indien war ich bei einem Yogi Meister zu Gast. Er war 93 Jahre alt. Nach dem Meditieren hat er mir Übungen einer alten indischen Kampfkunst gezeigt. Ich konnte gar nicht glauben, was ich da sah. Der Alte Mann bewegte sich wie ein junger Mensch. Er sprang aus dem Stand auf einen Tisch und mit einer Rolle vorwärts wieder herunter. Das hätte ich als junger Mann kaum gekonnt. Ich wäre froh, wenn ich mit 93 noch gut die Treppe hoch komme.

Zum Glück bin ich noch einigermaßen gesund und hoffe es noch lange zu bleiben. Alter ist nichts vor dem man sich fürchten muss. Ganz im Gegenteil. Ich kann immer noch alles, was ich als junger Mensch konnte. Nur eben viel langsamer. Im Alter vergeht die Zeit schneller, sagt man. Andererseits habe ich gelernt mehr mit der Zeit anzufangen.

Es ist Schön, wenn Zeit nicht mehr Geld ist sondern Raum zum Genießen.