Halb Vier, unbarmherzig reist mich der Wecker aus dem Schlaf. Ich möchte weiterschlafen, aber meine Frau muss umgelagert werden. Sie hat sowieso schon Hautschäden, vom ewigen Liegen. Als ich sie umlagere knurrt sie unwillig, schläft aber sofort wieder ein. Durch das Fenster dringen die ersten Sonnenstrahlen. Mit den Rotkehlchen beginnt das Vogelkonzert. Den glockenhellen, fast klingelnden Gesang höre ich besonders gern. Plötzlich habe ich gar keine Lust mehr zu schlafen. Meine Frau ist für die nächsten Stunden versorgt, so das ich mich schnell frisch mache und mit einem Glas Buttermilch Richtung Bank durch meinen Garten gehe. Der Nebel färbt die Sonnenstrahlen in ein kräftiges orange. Während ich die Buttermilch in kleinen schlucken trinke geht mir allerlei durch den Kopf. Prompt muss ich wieder an den Verleger denken von dem ich vorgestern einen Brief erhalten habe. Wieder mal eine Absage. Mein Buch ist fertig, aber ich finde keinen Verleger. Der erste wollte das Buch drucken, aber auf meine Kosten. Der Zweite wollte in Vorleistung gehen, wollte mich aber erst ab dem 12000sten verkauften Exemplar an dem Gewinn beteiligen. Der letzte Verleger wollte das ich Teile umschreibe und mehr Erotik einbaue. Also werde ich weiter suchen müssen.
Aber ich bin ein Optimist. Es wird sich schon einer finden, der bereit ist ins Risiko zu gehen. Inzwischen hat die Sonne den Nebel aufgelöst. Es ist merklich wärmer geworden. Ich bin hell wach und könnte Bäume ausreißen. Ich blicke in Richtung Nordostseekanal. Ein Luxusliner fährt langsam Richtung Schleuse. Für diesen Anblick kommen Menschen aus dem ganzen Land zu uns. Ich lebe doch an einem der schönsten Orte in Deutschland. Allerdings fand ich den Ort wo ich aufgewachsen bin damals auch als sehr schön. Auch heute kann ich noch ins Schwärmen kommen wenn ich daran denke. Ich hatte zwar ein schlechtes Zuhause. Das habe ich aber dadurch etwas verbessert, indem ich das Zuhause so oft wie möglich gemieden habe. Ich war ein eher stilles Kind, hatte aber erstaunlich viele Freunde, die genau wussten, wann ich einfach nur meine Ruhe brauchte, und nahmen es mir nicht übel, wenn ich hin und wieder sehr wortkarg war. Sie sagten immer, ich hätte eine helle und eine dunkle Seite
Irgendwie könnten sie damit auch recht haben. Die beiden Seiten in mir haben mir sicherlich geholfen meine Tour durch Afrika und Asien zu überleben. Allerdings sind die zwei Seiten in mir sicher auch schuld daran das ich die Flucht antreten musste. Meine damalige Chefin hat mich zum SM Sex verführt und damit etwas in mir geweckt, was ich von Zeit zu Zeit bekämpft aber nie besiegt habe. Es hat von mir Besitz ergriffen und es hat lange gedauert, bis ich gelernt es als eine Seite meiner Sexualität anzuerkennen und auszuleben. Es ist auch nicht leicht zu verstehen, das ich einerseits ein ordentlicher Ehemann und Vater geworden bin, andrerseits aber hin und wieder Subbi ordentlich den Po versohle. Das schlechte Gewisse hält sich inzwischen in Grenzen.
Heute Nachmittag kommt meine Tochter und passt auf meine Frau auf. Ich werde dann zum Motorrad Treffen fahren. Allerdings erst nach dem Motorradgottesdienst. Dank meiner dunklen Seite hätte ich mit dem vielleicht vorhandenen Herrgott ein großes Hühnchen zu rupfen. Es lohnt sich nicht mehr mich hinzulegen. Ich werde schon einmal mit dem Brot backen beginnen. Dabei interessiert mich weder meine helle noch meine dunkele Seite.
Beginne jeden Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir.