Das schlimmste am Tod ist das Sterben. Das hat meine Oma kurz vor ihrem Dahinscheiden mal gesagt. Da ist was Wahres dran.
2022 war ich auf mehr Beerdigungen als Geburtstagen. Meine Schwiegermutter starb an einem Pankreaskarzinom. Es war schwer die letzten Wochen sich das anzusehen.
Jeden Donnerstag habe ich sie zur Blutabnahme ins Krankenhaus begleitet.
Ich war dabei, als ihr mitgeteilt wurde,dass die Chemo nichts mehr aufhalten kann , ich habe sie gewindelt 3 Tage vor ihrem Tod,als sie nichts mehr halten konnte und ihr auf der Palliativ Station noch beim rasieren geholfen . In der Nacht ist sie allein gegangen. Das war der Beginn einer Odysse.
Ich hatte mich in diesem Jahr beruflich neu aufgestellt...in der Seniorenbetreuung Erfüllung gesucht und innerhalb des Jahres gleich 4 Kunden verloren.
Als der erste ging war ich im Urlaub. Als die Nachricht kam habe ich Rotz und Wasser geheult.Beim 2. bis zuletzt dabei. Seine Witwe betreue ich immer noch. Der 3. ging im Kreise der Familie und den letzten brachte ich ins Krankenhaus. Er kam nicht zurück.
Gegen Ende des Jahres starb die Mutter meiner besten Freundin Christine . Sie hat sie wochenlang gepflegt.Eine Woche davor bin ich für 2 Tage zu ihr gefahren um mich zu verabschieden und damit Christine mal eine Nacht durchschlafen kann lag ich bei ihrer Mutter im Zimmer falls sie unruhig wird.
Ende November war das die sechste Beerdigung des Jahres.
Ich habe jeden einzelnen mehr oder weniger gekannt, sie alle gemocht.
Warum ich das erzähle? Einerseits weil ich die unterschiedlichsten Erfahrungen mit dem Tod gemacht habe , hineinspüren konnte in die Gedanken und Gefühlswelt eines sterbenden Menschen, vor allem aber in Kontakt mit mir selbst und meinen Instinkten getreten bin.
Vieles was ich getan und gesagt habe geschah intuitiv. Bewusst damit auseinander gesetzt habe ich mich erst sehr viel später, was mich zum "andererseits" bringt...
Den Tod eines Menschen zu erleben oder gar zu begleiten macht etwas mit dir. Neben dem bewusst werden für die Vergänglichkeit ist es schwer diesen Prozess mit anzusehen und das anschließende Verarbeiten ist noch mal eine ganz andere Geschichte.Ich arbeite immer noch daran. Leider haben wir in der Firma keine weiterführende Supervision für diese Fälle und es werden auch keine Weiterbildungen dazu angeboten. Man muss das zwar nicht allein durchstehen,doch wenn die Seele Schaden nimmt muss man sich extern beraten lassen.
Für meinen Teil kann ich aber sagen, dass ich viel gelernt habe. Vor allem anderen aber,dass ich mich im Notfall auf meine Intuition verlassen kann und in der Lage bin fokussiert dabei zu sein.
Vielleicht liegt es daran, dass ich den Tod nie als Feindbild im Kopf hatte,sondern ihn als natürlichen Teil des Daseins betrachte. Ich habe sicher auch getrauert aber dennoch funktioniert. Und ich war weit weniger erschrocken, als ich es angenommen hätte.
So bin ich, aber so ist nicht jeder. Mein Mann kann beispielsweise überhaupt nicht mit Sterben oder dem Tod umgehen. Er konnte seine Mutter bei unserem letzten Besuch nicht mal ansehen,wusste nicht was er sagen soll und wie er sich einbringen kann. So geht es vielen und gerade wenn es die erste Begegnung mit einer derartigen Situation ist ist das besonders schockierend. Vielleicht hätte ihm ein solcher Kurs geholfen. Ich weiss es nicht.
Eine bewiesene Tatsache ist allerdings,dass Wissen Sicherheit bedeutet. Je mehr ich weiss, um so klarer es ist was auf mich zukommt , um so mehr kann ich souverän reagieren.
Die Gefühle nimmt dir keiner ab, liebe Melania, doch glaube ich, dass es immer gut ist,soviel wie möglich zu wissen, oder erahnen zu können um vorbereitet zu sein auf das was kommt.
Fazit: Niemand weiss ob es den Nutzen bringt,den man sich erhofft oder erwartet, aber schaden wird es auf keinen Fall.