Endlich finde ich wieder etwas Zeit mich auf meiner Bank am Ende meines Grundstücks zu setzen und meinen Gedanken nach zu hängen. Das letzte Fläschchen Fliedersekt werde ich in Ruhe genießen. Der Holunder blüht ja bereits wieder, so das ich mir Ende der Woche neuen Fliedersekt ansetzen kann. Die Sonne scheint und es ist schön warm. Eigentlich ist das ein Wetter, bei dem ich früher Bäume ausreißen konnte. Im Moment fühle ich mich aber müde und ausgebrannt. Das letzte viertel Jahr hat mich doch sehr mitgenommen. Der plötzliche Tot meines Vaters und dann währe meine Frau fast erstickt. Wasser in der Lunge als Folge ihrer extremen Herzschwäche. Seit einer Woche habe ich sie wieder zu hause. Die Ärzte erwägen ihr eine künstliche Herzklappe ein zu setzen. Das ist bei ihrem Zustand mit größtem Risiko verbunden. Wenn das Klappt, steigt ihre Lebenserwartung erheblich. Leider kann ein solcher Eingriff auch schief gehen. Ich muß über alles noch einmal in Ruhe nachdenken. Meine Frau will den Eingriff unbedingt. Sie gibt einfach nicht auf. Auch das liebe ich an ihr.
Der Fliedersekt tut gut. Er wirkt beruhigend. Von links weht mir der Duft von Honig in die Nase. Es kommt von dem Zierstrauch, den ich auf das Grab meines treuen Jagdhundes Bessy gepflanzt habe. Zu meinen Füßen blüht der Gundermann. Ein Heilkraut auf das mein Hund gerne rumgekaut hat, wenn er mir zu Füßen vor der Bank lag. Ach ja, sie war schon ein ganz besonderer Hund. Schon als wir den Welpen abgeholt haben, hat er uns überrascht. Sie sollte eigentlich das Autofahren lieben. Statt dessen wurde ihr sofort übel und sie hat meine Frau von oben bis unten vollgereiert. Das gab sich erst nach drei Monaten. Sie entwickelte sich zu einem sehr guten Jagdhund. Sie war sehr lieb und besonders anhänglich. Außerdem war sie eine Schönheit. In Eutin wurde ich auf der Straße angesprochen, ob mein Hund in einen Werbefilm für einen großen Hersteller für Hundefutter mitspielen würde. Sie war ein begabter Schauspieler. Ein richtiger Alleinunterhalter. Sie hatte auch sehr viel Gefühl für Stimmungen beim Menschen. Immer wenn jemand traurig war, kam sie und legte ihre feuchte Nase auf seine Schulter und kuschelte. Nach kurzer Zeit War jeder Trübsinn verflogen. Leider starb sie mit 13 Jahren an Brustkrebs. Eigentlich bin ich ein harter Kerl aber da kamen mir doch ein par Tränen. Nun erinnert mich der Zierstrauch auf ihrem Grab immer wieder an sie.
Inzwischen lebt der Wind wieder auf und kühlt angenehm. Auf meiner Bank komme ich wirklich immer wieder zur Ruhe. Sie half mir schon über viele Übel hinweg. Ein Ort an dem ich mich zurück ziehen kann, wenn es mal wieder knüppeldick kommt. Wenn jeder Mensch einen solchen Ort hätte, glaube ich würde es der Welt um einiges besser gehen. Langsam wird es Zeit Kaffe zu kochen. Ich muß meine Trauer so langsam ablegen. Jeden Tag ein Stückchen mehr. Der Weg aus der Trauer ist wie ein langsames Erwachen.
Beginne jeden Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir.